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Aus dem Schulleben

Bildung

Eindrücke aus einer High School in New Orleans (Louisiana) und einer High School im New Yorker Stadtteil Bronx. Und wie sieht Schule aus der Perspektive einer Lehrperson aus?

Eindrücke aus New Orleans, Louisiana

New Orleans besitzt ein in den Vereinigten Staaten einzigartiges Schulsystem, sowohl aufgrund der nachhaltigen Folgen durch Hurrikan Katrina im Jahr 2005 als auch aufgrund der besonderen Kultur der Stadt. Nach dem Hurrikan Katrina wurde das Schulsystem zunehmend privatisiert, wobei die Schulen nicht mehr von einem traditionellen öffentlichen Schulsystem, sondern von unabhängigen sog. Charterorganisationen verwaltet werden.

Wie in vielen städtischen Schulsystemen leben Jugendliche auch hier in einem Umfeld (communities), in dem Schusswaffengewalt verbreitet ist. Häufig sind sie mehr damit beschäftigt, nicht selbst in eine Spirale aus Gewalt und Armut hineingezogen zu werden, als sich auf die Schule zu konzentrieren. Aufgrund der Beschaffenheit des Charter School-Systems besuchen Jugendliche nicht unbedingt die Schule in ihrer Nachbarschaft, sondern werden mit Bussen in andere Gebiete der Stadt gebracht. Dies hat große Auswirkungen auf ihr Sozialleben und ihr Zugehörigkeitsgefühl. Jede Schule hat also Schüler*innen aus unterschiedlichen Teilen der großen Stadt.

Das Schulsystem in New Orleans legt im Vergleich zu anderen Städten der USA traditionell mehr Wert auf Musik, Kunst und Sport. Musik, insbesondere marching and brass band-Musik, sind ein wichtiger Teil der Kultur, über den Jugendliche den Weg zu einer professionellen Musikkarriere finden können. Während es anderswo in den Vereinigten Staaten als „uncool“ gelten mag, Teil einer marching band oder Musikgruppe zu sein, ist in New Orleans genau das Gegenteil der Fall. Viele junge Menschen streben aber auch danach, Uni-Sportstipendien für American Football oder Basketball zu erhalten.

Der akademische Standard in den USA variiert von Staat zu Staat und Louisiana tendiert dazu – wie viele der Staaten im Süden – ein niedrigeres akademisches Niveau aufzuweisen. Die standardisierten Tests umfassen im Vergleich zu Staaten wie New York, Maryland, Kalifornien und Virginia eher grundlegende Inhalte, was Auswirkungen auf das Potenzial und die Perspektiven von jungen Menschen hat, die dort aufwachsen. Viele Jugendliche in New Orleans arbeiten direkt nach der High School. Die meisten Studierenden, die in New Orleans eine Hochschule besuchen, gehen auf ein/e Historically Black College oder Universität (HBCU).

Eindrücke aus der Bronx, New York City

New York City hat eines der stärksten städtischen Schulsysteme des Landes. Lehrpersonal wird dort überdurchschnittlich gut bezahlt, was sich positiv auf die Jugendlichen auswirkt. Allerdings hat New York City auch ein stark segregiertes Schulsystem. In der Bronx, einem Bezirk des New Yorker Schulsystems, gibt es mehrere internationale High Schools, die von Schüler*innen aus der ganzen Welt besucht werden. Die meisten dieser Schüler*innen sind US-Amerikaner*innen der ersten Generation und erst kürzlich eingewandert. Das bedeutet, dass die Schüler*innen Englisch lernen und einen sprachlich und kulturell vielfältigen Hintergrund haben. Diese Schulen achten sehr darauf, dass alle Kulturen und Religionen respektiert werden und berücksichtigen muslimische und jüdische Feiertage stärker als andere Schulbezirke.

Die Stadt und der Bundesstaat New York verfügen über viele Programme zur finanziellen Unterstützung von Schüler*innen und Studierenden, um den Besuch einer Hochschule zu ermöglichen. Dazu werden finanzielle Hilfen für den Besuch von Hochschulen im ganzen Staat während des Junior- und Seniorjahres zur Verfügung gestellt (3. und 4. Studienjahr). Viele der Jugendlichen sind die erste Person in ihrer Familie, die Aussichten auf ein „besseres“ Leben hat als die Eltern und andere Familienmitglieder, die kürzlich in die Vereinigten Staaten eingewandert sind. An Schulen in der Region gibt es in der Regel weniger Sport- und Musikangebote als an den High Schools im Süden und dafür mehr akademische und kulturelle Angebote. Insgesamt weisen viele Schulen in der Bronx sowie in anderen Stadtbezirken von New York City eine sehr vielfältige Schüler*innenschaft auf.

Aus der Perspektive einer Lehrperson

Lehrpersonen können schon am Beginn des Tages leicht die Hoffnung verlieren. Im Klassenraum sind sie konfrontiert mit der Tatsache, dass sie versuchen, ein Kind zu unterrichten, das zwei oder drei Stufen unter dem Niveau liegt, das akademisch eigentlich vorgesehen ist. Gleichzeitig versuchen sie, das Kind zu motivieren, das zwar intelligent und aufgeweckt ist, aber auch an einer Lernschwäche leidet, für die es keine angemessene Behandlung bekommt. Das Einzige, was ihre Schüler*innen vereint, ist, dass sie alle von Armut betroffen sind, denn sie unterrichten an einer sog. Title-I-Schule, einer Schulform, die eine besonders hohe Armutsrate unter den Schüler*innen aufweist. Wenn die Schüler*innen nicht in die Schule gehen, haben sie nicht selbstverständlich genug zu essen für den Tag. Wenn sie den Schulbus verpassen, können sie nicht zur Schule kommen, weil ihr alleinerziehender Elternteil nicht der Arbeit fernbleiben kann, um sie zur Schule zu bringen.

Währenddessen wachsen die administrativen Aufgaben eines Schulbezirks jedes Jahr. Tests mit hohen Anforderungen führen dazu, dass Lehrpersonen ausschließlich auf die Prüfungen hin unterrichten und eine gute Allgemeinbildung hintenangestellt wird. Wenn die Ergebnisse einer Klasse einen bestimmten Grenzwert nicht erreichen, droht einer Lehrkraft die Entlassung – auch wenn nicht einmal genügend Stifte vorhanden sind, die man den Schüler*innen für den Tag zur Verfügung stellen könnte.

Es ist durchaus üblich, dass Lehrer*innen nach drei bis fünf Jahren in einen anderen Beruf wechseln, weil sie immer mehr verwaltende und bewertende Aufgaben übernehmen müssen, die von der eigentlichen Unterrichtstätigkeit abhalten. Vermehrt leiden Lehrer*innen durch Arbeitsbelastung und mangelnde Unterstützung an psychischen Problemen wie Burnout. 

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