Kommune goes International

Internationale Jugendarbeit potenziert die positiven Effekte

Die Stadt Lauenburg als Beispiel

Wie können grenzübergreifende Partnerschaften zwischen Städten und Gemeinden, Jugend- und Bildungseinrichtungen wiederbelebt, weiterentwickelt und nachhaltig gestaltet werden? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Tagung „Kommunen sagen Ja zu Europa“ am 1. Oktober 2018 in Hannover. Wie sehr die Internationale Jugendarbeit in ihrer Kommune schon Früchte trägt, erklären Claudia Vogt-Gohdes und Friederike Betge am Beispiel der Stadt Lauenburg in Schleswig-Holstein. Beide arbeiten im Netzwerk „Kommune goes International“ mit.

30.11.2018 / Marco Heuer

Wie gut hat sich die internationale Jugendarbeit in ihrer Stadt inzwischen entwickelt?

Seit Lauenburg sich im Jahr 2011 auf den Weg in die internationale Jugendarbeit gemacht hat, ist vieles geschehen. Das Projekt „Kommune goes international“ (KGI) hat uns den Anschub, die Motivation, vor allem aber auch die Legitimation gegeben, die Internationale Jugendarbeit als Schwerpunkt fest im Konzept der kommunalen Jugendarbeit in der Stadt Lauenburg zu verankern.
Am Anfang standen die Erstellung eines Handlungskonzeptes, Schulungen von Multiplikatoren und die zahlreichen Austauschmöglichkeiten, die sich uns durch KGI bundesweit boten.
Das Coaching ermutigte die Lauenburger Akteure, den Stellenwert Internationaler Jugendarbeit massiv in den relevanten Gremien darzustellen und damit zu überzeugen.

Unser Plus zu Beginn der Teilnahme an KGI war das Vorhandensein eines Akteursnetzwerkes in der kommunalen Jugendarbeit – von offener Kinder- und Jugendarbeit (zu Beginn nahm sogar die weiterführende Gemeinschaftsschule aktiv am Prozess teil) über Schulsozialarbeit, Straßensozialarbeit, Jugendverbandsarbeit sowie den Ganztagskoordinatorinnen der Schulen.

Was war die Motivation, an diesem Projekt teilzunehmen?

Zu Beginn war unsere Erfahrung in der Internationalen Jugendarbeit gleich Null.
Aus der beginnenden Kooperation mit der türkischen Community in Lauenburg, die mit einer gemeinsamen Jugendfreizeit in Istanbul 2010 manifestiert wurde, hatte sich aber die Erkenntnis herauskristallisiert, welcher Gewinn sich gerade in der deutsch-türkischen Zusammenarbeit durch die grenzüberschreitende Mobilität erzielen lässt, zumal Lauenburg als multikulturelle Stadt mit Einwohnern aus mehr als 60 Nationen über eine große türkischstämmige Einwohnerzahl verfügt.

Was klappt seitdem besser?

Wir sind noch besser vernetzt, vor allem ist die internationale Partnerschaft mit unseren türkischen, finnischen und polnischen Partnern fester Bestandteil der Zusammenarbeit geworden.
Die Beziehung zu den türkischen Partnern bestand als erstes durch die oben genannte Freizeit. Sie ist seitdem nie abgerissen. Die anderen Partner lernten wir, v.a. die Straßensozialarbeit, über eine Ostseejugendkonferenz mit besonders benachteiligten Jugendlichen kennen und schätzen und haben dann erst über ein Vernetzungsprojekt unter Erasmus+ über die nun bestehende strategische Partnerschaft diese Partner zusammen gebracht.

Außerdem verfügen bei uns etliche Personen mittlerweile über ein profundes Wissen, was Fundraising und die Durchführung internationaler Maßnahmen angeht.
Wir arbeiten auch länderübergreifend gut zusammen, besonders mit Hamburg, wo es mittlerweile im deutsch-türkischen Fachkräfteaustausch etliche Kooperationen gegeben hat, aber auch mit Kollegen in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern – Lauenburg ist schließlich die Kleinstadt im Dreiländereck Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.

Was sind die Herausforderungen? Was die besonderen Stolpersteine?

Den Herausforderungen umfangreicher Antragsstellungs- und Evaluationsprozesse begegnen wir vor allem, indem uns in diesem Bereich Experten unterstützen. Dies ist natürlich mit einem zusätzlichen finanziellen Aufwand verbunden.
Hier nutzen wir die Möglichkeit, die internationale Jugendarbeit als starkes präventives Mittel gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den Fokus zu stellen. Diese Intention ist uns in unserer internationalen Jugendarbeit sehr wichtig.

Wo benötigt das Projekt noch Unterstützung? Worauf kommt es an?

Ohne personelle Ressourcen und finanzielle Mittel ist solch ein Projekt nicht möglich und es wäre gut, wenn dies auch in den Bundes- und europäischen Förderinstrumenten stärkere Anerkennung finden würde. In meinem Bundesland finde ich leider ebenfalls für die internationale Jugendarbeit wenig bis keine Unterstützung. Wichtig ist die Verankerung der internationalen Arbeit auf allen Ebenen, auf denen sich mit Jugendarbeit befasst wird und daran anknüpfend muss ebenfalls die Ressourcenfrage geklärt sein.

Was ist für Sie persönlich besonders gewinnbringend?

Der Austausch und die Vernetzung auf ganz unterschiedlichen KGI-Ebenen bietet Kontakt- und Informationsmöglichkeiten, die sehr wichtig, vor allem aber auch motivierend sind.

Was würden Sie anderen Kommunen raten, die Ähnliches vorhaben?

Es geht nicht als Einzelkämpfer, für uns ist das gute und verlässliche Netzwerk vor Ort ganz wichtig. Ansonsten können wir versichern, dass sich die Erfahrungen und positiven Effekte der Jugendarbeit mit der internationalen Jugendarbeit potenzieren.
Ein fester Wille (Handlungskonzept) und ein langer Atem sind notwendig.
Das Netzwerk braucht auch Personen, die erinnern, motivieren und anspornen.

Was planen Sie mit dem Projekt in Zukunft?

Wir möchten die Qualität in den Partnerschaften noch verbessern und vor allem die Möglichkeiten für alle unsere Jugendlichen ausbauen, internationale Mobilitätserfahrungen machen zu können. Auch für Fachkräfte haben solche Erfahrungen übrigens einen ungeheuer positiven Effekt.

Marco Heuer führte dieses Interview im Auftrag von JUGEND für Europa. Danke. liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir es übernehmen durften! Mehr zur Veranstaltung „Kommunen sagen Ja zu Europa“, auf der das Interview geführt wurde, gibt es hier: https://www.jugendfuereuropa.de/news/10741-europa-in-der-kommune-es-lohnt-sich-wenn-man-einmal-angefangen-hat/

Über das Netzwerk Kommune goes International

Das Netzwerk Kommune goes international (KGI) ist die Anlaufstelle für Kommunen, die gezielt Angebote Internationaler Jugendarbeit lokal aus- und aufbauen möchten. Erfahren sie mehr darüber!

Ansprechperson
Roman Thieltges
Roman Thieltges
Referent für internationale jugendpolitische Zusammenarbeit
Tel.: 0228 9506-111