IJAB: Die Deutsch-Japanische Jugendgesellschaft e.V. (DJJG) führt seit einigen Jahren regelmäßig Austauschprogramme in Deutschland und Japan durch. Wie ist der Austausch entstanden? Und wodurch haben sich bisherige Austausche ausgezeichnet?
Pauline Böhm: Der Auftakt war ein u.a. vom Verband der Deutsch-Japanischen Gesellschaften organisiertes Austauschprogramm 2005 in Japan. Alumni haben sich im Anschluss zusammengetan und die Deutsch-Japanische Jugendgesellschaft e.V. (DJJG) gegründet, um das Programm fortzuführen. So haben seit 2006 eine ganze Reihe von Programmen stattgefunden. Je nach Veranstaltungsland heißen die Programme „Hallo Deutschland“ oder „Hallo Japan“. Anfangs haben bis zu 200 Leute teilgenommen. Programmbestandteile waren u.a. Praktika und längere Gastfamilienaufenthalte. 2011 ereignete sich die Dreifachkatastrophe in Japan, woraufhin das Programm erst mal ausgesetzt wurde. 2013 wurde mit einer Neuauflage in angepasster Form in Deutschland gestartet. Seitdem begegnen sich im Rahmen des Programms jeweils 40 junge Menschen aus beiden Ländern für ca. 10 Tage, jährlich abwechselnd in Deutschland und in Japan. Was das Programm auszeichnet, ist, dass es seit 2014 jeweils unter einem Oberthema läuft, zu dem es dann Gruppenarbeit aus verschiedenen Perspektiven gibt. Dies ermöglicht intensiven inhaltlichen Austausch – bei dem selbstverständlich auch das gegenseitige Kennenlernen nicht zu kurz kommt. Zudem basiert der Austausch auf ehrenamtlichem Engagement. Beim Programm an sich helfen über 50 Ehrenamtliche mit. Auch auf japanischer Seite engagieren sich viele junge Menschen ehrenamtlich für das Programm, die – da es in Japan nicht so einfach ist wie in Deutschland, einen Verein zu gründen – anfangs ohne eigene Vereinsstruktur aktiv waren. Seit 2016 gibt es auf japanischer Seite das Japanisch-Deutsche Jugendnetzwerk, abgekürzt JG-Youth. Was uns alle antreibt, ist der Gedanke: Wir haben alle etwas Tolles erlebt und das wollen wir gemeinsam auch weitergeben und weitermachen.
IJAB: Der ursprünglich für den Sommer vorgesehene Austausch in Japan konnte aufgrund der Corona-Pandemie nicht wie geplant stattfinden. Wann ist die Idee zur Umsetzung eines Online-Austausches entstanden?
Oliver Pohl: Am Ende des letzten Programms im September 2019 haben wir angefangen, das Programm für dieses Jahr als physischen Austausch zu planen. Die Bewerbungsphase lief und wir hatten auch schon einige Bewerber/-innen aus Deutschland und Japan. Als dann die Einreisesperren für Japan im Frühjahr verkündet wurden, mussten wir das Programm absagen, zumal auch die Ungewissheit bestand, wie lange die Situation nun noch anhalten würde. Noch im März entstand im Team der Ehrenamtlichen die Idee, eine Alternative zu planen. Wir haben dann in vielen längeren Videokonferenzen überlegt, was es jetzt genau werden wird. Uns war bewusst, dass das Übertragen eines physischen Austausches ins Virtuelle mit zehn Tage Anwesenheit in einem Land mit Herumreisen und Fachbesuchen vor Ort nicht möglich sein würde. Wir mussten erst mal ein komplett neues Thema und auch einen anderen Modus finden.
Pauline Böhm: Ja genau, die Idee kam gerade im Kontext der eigentlichen Programmabsage mit der Feststellung, dass es genau jetzt, wo wir hier in Deutschland im Lockdown sitzen und wo es auch in Japan größere Einschränkungen gibt, spannend wäre, sich auszutauschen. Dabei bot sich nur ein Online-Format als Alternative an. Uns war schnell klar, dass wir relativ nah an unserem eigentlichen Programm mit einem inhaltlichen Schwerpunkt bleiben wollten und die inhaltliche Arbeit in Kleingruppen ermöglichen wollten. Gleichzeitig sollte aber auch eine Art Kennenlernen stattfinden. Und uns war auch wichtig, dass die Teilnehmenden zwei Tage lang Spaß haben. Zudem wollten wir auch die Möglichkeit nutzen, dass wir online sind und beide Seiten gleichberechtigt drankommen können. Sonst steht oftmals die Perspektive des Landes im Fokus, in dem das Programm stattfindet. Das waren die Ziele, auf die wir uns in der Findungsphase geeinigt haben. Inhaltlich sollte es um die Pandemie-Situation gehen, wie die Pandemie uns betrifft und was für Erfahrungen wir gemacht haben. Was uns in der Vorbereitung weiterhin intensiv beschäftigt hat, waren die Fragen, wie viele Leute an dem Programm teilnehmen können, wie die Gruppenarbeit aussehen könnte und wie viele Personen idealerweise in einer Gruppe sein sollen.