Weltweit stellen populistische Strömungen demokratische Grundwerte in Frage. In den Parlamenten europäischer Staaten stellen rechtsextreme Parteien keine Ausnahme mehr dar. Viele Gesellschaften kennen zudem die Angst vor rechtsextremen oder religiös motivierten Anschlägen. Und längst haben sich entsprechende Gruppierungen jenseits nationalstaatlicher Grenzen miteinander vernetzt.
Einer möglichen Radikalisierung junger Menschen begegnet die Jugendarbeit mit präventiven Ansätzen. Respekt vor Vielfalt und Wertschätzung der Demokratie bei gleichzeitiger Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe sind hierbei die handlungsleitenden Ziele. Diese präventive Arbeit muss sich auch mit den gesellschaftlichen, politischen und sozioökonomischen Herausforderungen unserer Zeit beschäftigen – die längst durch globale Bedingungen und nicht nur durch nationale Gegebenheiten bestimmt werden. Eine stärkere Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene ist also auch für die Jugendarbeit im Bereich der Radikalisierungsprävention von großer Bedeutung.
„New Perspectives against Radicalisation. Radikalisierungsprävention und Demokratieförderung stärken durch internationalen Fachaustausch“ fand unter Beteiligung von deutschen, spanischen und tunesischen Partnern statt. Ziel war es, Trägern aus dem Feld der Radikalisierungsprävention und Demokratieförderung die Möglichkeit zu eröffnen, Anregungen und neue Impulse für ihre Arbeit zu gewinnen. Gleichzeitig leistete das Projekt einen wichtigen Beitrag zur internationalen Vernetzung und Zusammenarbeit. Zwei internationale Fachaustausche – einer in Tunesien und einer in Deutschland – bildeten den Kern des Projekts. Jeweils drei Tage verbrachten die international gemischten Gruppen damit, Projekte vor Ort zu besuchen, in Kleingruppen zu diskutieren und Gespräche mit Expertinnen und Experten zu führen.
Initiiert von IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. waren die nationale Jugendbehörde INJUVE aus Spanien und die zivilgesellschaftliche Organisation Club Culturel Ali Belhouane (CCAB) aus Tunesien an diesem Projekt beteiligt. In Spanien wurden Jahrzehnte der Bedrohung durch terroristische Anschläge der baskischen Untergrundorganisation ETA fast nahtlos von islamistischen Terrorszenarien abgelöst. Im Dezember 2018 gewann erstmals seit dem Ende des Franco-Regimes scheinbar aus dem Stand eine rechtsextreme Partei knapp 11 % der Stimmen bei den Regionalwahlen in Andalusien und zog kein halbes Jahr später mit einem ähnlichen Ergebnis in das spanische Parlament ein. Tunesien wiederum gilt seit dem arabischen Frühling als Hoffnungsträger demokratischer Entwicklung in Nordafrika. Nichtsdestotrotz ist die Lage vieler junger Menschen immer noch prekär und macht sie anfällig für radikales Gedankengut. Viele der Kämpfer und Kämpferinnen des IS in Syrien stammen aus Tunesien.
Deutschland wiederum hat eine jahrzehntelange Tradition und Erfahrung im Bereich der politischen Bildung und verfügt über etablierte Programme und Initiativen gegen Rechts und gegen Antisemitismus. Auch dem religiös begründeten Extremismus wird zunehmend mehr Beachtung geschenkt. Dennoch treten Hassreden, Menschenfeindlichkeit und Rassismus in der deutschen Gesellschaft immer offener zutage.
Die beteiligten Partnerländer haben alle eine unterschiedliche Ausgangslage, sind sich in ihrem Ziel aber einig: Prävention durch Jugendarbeit spielt eine zentrale Rolle beim Schutz vor politisch und religiös motivierter Radikalisierung.
Die vorliegende Publikation beleuchtet die Ausgangslage der beteiligten Partnerländer, skizziert ausgewählte Good-Practice-Beispiele und fasst die Erkenntnisse und Anregungen, die dieses gut einjährige Projekt zu Tage gefördert hat, zusammen.