Wer sich mit deutsch-US-amerikanischem Austausch beschäftigt, hat es bestimmt schon gemerkt – es weht ein stärkerer transatlantischer Wind durch Politik und Praxis als noch vor einigen Jahren. Schon vor ca. einem Jahr nahm IJAB die Arbeit mit Blick auf die Vereinigten Staaten auf, im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Höchste Zeit, die getane Arbeit einem breiten Publikum vorzustellen und Politik und Praxis miteinander ins Gespräch zu bringen. Das war die Motivation für den Fachtag „Jugendaustausch mit den USA“, der am 3. November 2022 digital stattfand.
Blitzlichter aus Politik ...
Dementsprechend durften Blitzlichter aus unterschiedlichen Blickwinkeln nicht fehlen. Mit einem Impulsvortrag schaffte Nathan Cooper von der US-Botschaft in Berlin den inhaltlichen Einstieg in das Gespräch und erzählte über Motivation und Perspektiven für den Jugendaustausch zwischen Deutschland und den USA aus US-amerikanischer Perspektive. Wussten Sie, dass über 1.000 Mitarbeitende in deutschen Vertretungen des US-Außenministeriums arbeiten?
Er gab den Zuschauer*innen auch einen Einblick dahingehend, was die US-Regierung dazu bewegt, sich für Austausch stark zu machen und welche Themen dabei aktuell im Vordergrund stehen. Nachhaltigkeit und Diversität im Jugendaustausch sowie die Möglichkeiten digitalen Austauschs und Vernetzung stehen derzeit hoch im Kurs und setzen somit Akzente für zukünftige Austauschprogramme, für die perspektivisch noch mehr Mittel bereitgestellt werden sollen.
Die hohe Bedeutung des deutsch-US-amerikanischen Austauschs bestätigte auch Dr. Fabrizio Micalizzi aus dem Auswärtigen Amt, ebenso wie den Wunsch, den Austausch zwischen den beiden Ländern neuen und breiteren Zielgruppen zugänglich und schmackhaft zu machen. Dafür brauche es auch neue Narrative für den Austausch, die die Neugier junger Menschen aneinander aufgreifen. Wie das gelingen kann, wisse die Praxis.
... und Praxis
Die wiederum bestätigt, was auch IJAB im Rahmen der Aufarbeitung von landeskundlichen Informationen feststellte. Zwischen Deutschland und den USA gibt es Asymmetrien hinsichtlich der politischen Strukturen. Schulische Bildung, außerschulische Bildung berufliche Bildung – in Deutschland sind diese Bereiche voneinander getrennt, in den USA findet man eine solche Versäulung nicht. Das kann Partnersuche und Finanzierung von Projekten erschweren. Es braucht also manchmal Fantasie und auch Bereitschaft, das eigene Arbeitsfeld breiter zu denken, um neue Formate zu entwickeln. Das trifft insbesondere auf die non-formale Jugendarbeit zu, die in den USA kein passgenaues Pendant findet. Gleichzeitig steckt allein in dieser Tatsache viel Potenzial für Austausch und kritische Reflexion der eigenen Arbeit, darin sind sich alle einig.
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Mit Nathan Cooper, Stellvertretender Kulturattaché in der U.S. Botschaft Berlin; Annette Fuchs, Leiterin der Kolping Jugendgemeinschaftsdienste; Katja Greeson, Program Officer im Transatlantik Programm beim Aspen Institute; Dr. Fabrizio Micalizzi, Persönlicher Referent des Koordinators für die Transatlantische Zusammenarbeit Michael Link, MdB, im Auswärtigen Amt und Knut Möller, Geschäftsführer bei YFU – Deutsches Youth For Understanding Komitee e. V. und Mitglied des Runden Tisches USA.
Kontostand: It’s complicated
Was über alledem schwebt, ist die Frage der Finanzierung. Transatlantischer Austausch geht mit hohen Reise- und Aufenthaltskosten einher, für die viele Fördersätze nicht oder nur knapp ausreichen. In Deutschland sind viele Förderprogramme zudem oft an feste Bildungsbereiche oder Projektziele gekoppelt. Das Sonderprogramm USA des BMFSFJ bietet dahingehend mehr Flexibilität, denn es ist in kein festes Programm eingebunden und ermöglicht es Trägern, Partnerschaften frei aufzubauen. Was das Sonderprogramm kann, berichtete Lara Schuster vom BMFSFJ.
Spätestens für Gruppen aus den USA, die nach Deutschland kommen möchten, wird es dann trotzdem kompliziert. Auf amerikanischer Seite fehlen im Vergleich zur deutschen Förderlandschaft institutionalisierte Programme, die die Finanzierung von Austauschmaßnahmen ermöglichen.
To sum it all up …
Das hohe Interesse am Fachtag hat eindeutig gezeigt, dass in der deutschen Trägerlandschaft großes Interesse am Austausch mit den USA besteht. In Praxisworkshops wurde außerdem deutlich, dass transatlantischer Jugendaustausch geht, dass er unglaubliche Wirkungen entfaltet und Freundschaftsbande über den Atlantik knüpft.
Mehr Vernetzung, Sichtbarmachung von schon existierenden Strukturen und Unterstützungsangeboten sowie mehr Informationen zu Möglichkeiten der Finanzierung und neuen Formaten kristallisierten sich im Laufe des Tages als Wünsche heraus. Daran anzuknüpfen und das Interesse aufzugreifen, wird Aufgabe für IJAB im Jahr 2023 und darüber hinaus sein.