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Einflussfaktoren im US-Bildungssystem

Bildung

Zwar spielt Religion in den Vereinigten Staaten keine direkte Rolle im Bildungswesen, trotzdem hat das in diesem Kontext bestehende politische Klima einen enormen Einfluss darauf, was Schüler*innen in Bezug auf Themen wie z. B. Sexualkunde (Abstinenz vs. umfassende Aufklärung) oder die Entstehung der Welt (Schöpfung vs. Evolution) lernen.

Es gibt keine offizielle, verfassungsmäßig vorgegebene Rolle für Religion im Bildungswesen und doch nimmt sie durch die Hoheit der Bundesstaaten bei der Gestaltung der Lehrpläne indirekt Einfluss auf die Bildungserfahrung von jungen Menschen in den USA.

Hinsichtlich der Ausgestaltung und Zulassung von Bildungsinhalten gibt es zunehmend politische Spannungen in den USA. Dies betrifft vor allem Themen im Bereich Geschichte sowie hinsichtlich der Lebensrealitäten von in den USA lebenden Menschen unterschiedlicher Herkunft und Identität. Im Jahr 2021 kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen bezüglich des Ansatzes Critical Race Theory (CRT) in US-amerikanischen Schulen. Die Ereignisse, vor allem des letzten Jahrzehnts, haben das öffentliche Bewusstsein für fortbestehenden strukturellen Rassismus geschärft. CRT ist ein in den 70er Jahren entwickelter interdisziplinärer Theorieansatz, der strukturellen Rassismus und historische Ungleichheitsmechanismen und daraus resultierende Konsequenzen analysiert. Kerngedanke der Theorie ist, dass race ein soziales Konstrukt ist und Rassismus folglich nicht nur Produkt individueller Voreingenommenheit oder Vorurteile, sondern vielmehr in das Rechtssystem und in die Politik eingebettet ist. CRT vertritt die Auffassung, dass Rassismus Teil des täglichen Lebens ist, dass Menschen – weiß oder nicht-weiß – auch ohne die Absicht, rassistisch zu handeln, trotzdem Entscheidungen treffen können, die Rassismus befördern. Kritiker der Theorie behaupten, dass CRT eine Diskriminierung weißer Menschen befürworte, um Gerechtigkeit zu erlangen.

In einem weiteren mit Spannungen behafteten Themenbereich begannen zu Beginn des Schuljahres 2022 Schulbehörden in mehreren Bundesstaaten damit, Bücher über queere und transsexuelle Erfahrungen zu verbieten sowie LGBTQIA+ befürwortende Symbole wie Poster und Flaggen zu entfernen und sog. Gay-Straight Alliance Clubs (GSA) aufzulösen. In Schulbezirken im ganzen Land attackierten Schüler*innen ihre queeren Mitschüler*innen, während Gesetzgeber in den Einzelstaaten mehrere hundert Anti-LGBTQIA+-Gesetze einbrachten, von denen viele darauf abzielen, den Platz von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender und queeren Schüler*innen neu zu verhandeln. Konservative Schulbeamt*innen, Gesetzgeber*innen und Eltern argumentieren, dass LGBTQIA+-Themen nicht in die Schule und in den Lehrplan gehören, da sie politisch und nicht altersgerecht für Schüler*innen seien. Umgekehrt haben queere Jugendliche, deren Familien, Freund*innen und Unterstützer*innen das Gefühl, dass sie durch diese Maßnahmen aus dem US-Bildungssystem gestrichen und so unsichtbar gemacht werden sollen.

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